· 

Adventsgeschichte: Die Hypnokugel

Pf, es ist doch jedes Jahr um diese Zeit dasselbe. Mal wieder schaffen es meine Menschen nicht, den Baum mal etwas früher aufzustellen. In den letzten paar Tagen vorm Feste sind sie dann soweit und dann muss es aber ganz schnell gehen!

Ich sprang mit einem kräftigen Satz auf das Sofa und umspielte mit meinem pelzigen Schwanz das Sofakissen. Meinen Blick ließ ich über den geschmückten Baum wandern.

Die Tanne ist mal wieder riesengroß und sattgrün Die Kugeln sind groß und rot, das Lametta ist silber und die Lichterkette erstrahlt in allen Farben des Regenbogens. Es ist fast schon kitschig, wie das hier aussieht. Wirklich, meine Menschen hätten sich ruhig etwas mehr Mühe geben können. Erst letztens schauten wir zusammen Fernsehen und die Menschen dort hatten einen pinken Weihnachtsbaum, mit riesengroßen Kugeln und ganz viel goldenem Lametta! Das war mal ein glamouröser Baum! Dagegen sah unserer aus, wie aus der Mode gekommen, wirklich grausam.

Doch gerade als ich den Blick abwenden und mich wieder meiner Fellpflege widmen wollte, da entdeckte ich sie. Es war nicht irgendeine Kugel, nein, es war die Weihnachtskugel! Sie war leuchtend rot, ein stärkeres als das von frischem Blut und sie strahlte heller als die ganze Lichterkette zusammen. Diese eine Kugel zog mich magisch an. Ich beobachtete sie, wie sie sich langsam drehte, wie sie den Glanz hin und her warf, wie sie mit mir spielte, wie sie mich langsam aber sicher in ihren Bann zog. Irgendwann war es dann genug, ich konnte nicht mehr, ich wollte und musste diese Kugel haben!

Mit einem kräftigen Satz sprang ich hinauf auf den Baum in Richtung der Kugel und als meine Pfoten sie endlich berührten, fühlte ich solch eine große Wärme in mir, dass ich dachte man hätte mich direkt in den Kamin gesetzt.

Doch ehe ich mich versah konnte ich mich nirgends festkrallen und rutschte ab. In letzter Panik schnappte ich nach allem, was ich finden konnte und riss einige Tannennadeln, mit samt der Lichterkette, hinunter.

Aber kaum war ich auf dem Boden der Tatsachen angekommen, da entdeckte ich die schöne rote Kugel. Sie war hinab gefallen und lag in tausend Scherben neben mir. Aber ich hatte keine Zeit mich darüber zu ärgern, denn ich hörte ein bedrohliches Knacken und sah, wie der ganze Weihnachtsbaum begann in meine Richtung zu kippen. Schnell rannte ich laut miauend davon.

Es gab einen riesengroßen Knall und der Großteil der hübschen Weihnachtskugeln zerbrach in tausend Teile. Plötzlich kamen große Schritte die Treppe hinauf und mit einem weiteren Satz sprang ich unters Sofa und versteckte mich so, dass ich noch etwas sah, die Menschen mich aber nicht mehr.

„Oh Nein! Mama, schau nur was unser dummer Kater angestellt hat!“

„Gulliver! Wo steckst du?“

Das war für mich ein deutliches Zeichen: Für den Rest des Abends würde ich mich unter diesem Sofa verstecken. Ich trauerte der wunderschönen Kugel hinterher und fragte mich tatsächlich, ob ich und sie nicht hätten glücklich miteinander werden können…

Kommentar schreiben

Kommentare: 0