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Adventsgeschichte: Eine vorweihnachtliche Schöpfung

Hallo, ich möchte dir gerne eine schöne Geschichte erzählen. Und zwar ist die, die von meiner Geburt berichtet. Sicher, das klingt jetzt etwas kurios, aber warte ab, es wird spannend!

Es gibt manche Menschen, die gerne behaupten, dass sie sich an ihre Geburt erinnern. Die berichten dann von einem traumatischen Erlebnis, wie sie geschrien haben wollen und was sie sahen. Auch Experten sprechen davon, dass die Geburt als eine Art Traumata, also ein sehr einschneidendes Erlebnis, wahrgenommen wird.

Das kann ich überhaupt nicht bestätigen.

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. An das warme, wohlige Gefühl, als das körnige Mehl in die Schüssel kam, als der Zucker sich dazugesellte, also die kräftige Butter eingerührt wurde und als mein Bäcker die Gewürze mithineinmischte…

Was? Das klingt unglaubwürdig? Nur weil ihr euch nicht daran erinnern könnt, wie euer Teig zusammengerührt wurde, heißt es ja nicht, dass ich lüge! Bei uns Weihnachtskeksen ist das eben etwas anders. Ich bin ja auch kein gewöhnlicher Keks, sondern ein Haselnusskrokantkeks! Puh, was ein Name! Aber eigentlich heiße ich Eddy.

Aber egal, wo war ich noch gleich? Ach ja, genau, der Teig! Als dann endlich alle meine Zutaten und natürlich auch die meiner Brüder und Schwestern, in der Schüssel lagen, da kam der spaßige Teil.

Unser Bäcker stellte die Schüssel auf eine Metallplatte und von oben herab kamen zwei Knethaken in unseren Teig. Er drückte einen Knopf und hui, dann ging‘s ab! Unser ganzer Teig wurde gerührt und geknetet. Uns wurde dabei immer wärmer und wir alle konnten deutlich spüren, wie wir immer mehr zu einer festen und schönen Teigmasse wurden. Das Gefühl ist einfach wunderschön, denn unsere Einzelteile, die Zutaten, begannen endlich sich zu verbinden und wir fühlten uns das erste Mal als etwas Ganzes. Hach, daran denke ich gerne zurück…

Kurze Zeit später stellte er die Knetmaschine wieder aus, nahm unsere Schüssel und mit einem Satz wurde unser Teig auf die mit Mehl eingestreute Arbeitsfläche gepackt. Mit einem lauten Knall lagen wir plötzlich da, unter einer riesengroßen Lampe. Das Licht war so hell! Dann aber begann der weniger schöne Teil.

Der Bäcker nahm ein großes Stück Holz und prügelte zunächst auf unseren Teig ein. Keine Sorge, das tat uns nicht weh, wir haben den Schmerz nicht gespürt, aber es war laut und trotzdem unangenehm. Jedenfalls begann er dann den Teig zu kneten und auszurollen und dieser wurde immer weiter auseinandergezogen. Dieses Ziehen, das war ein so unangenehmes Gefühl, argh! Das mochte ich am allerwenigsten, genauso wie meine Geschwister!

Aber als wir dieses Martyrium überstanden hatten, kam der Teil, den man wohl als unsere Geburt bezeichnen kann. Der Bäcker nahm die verschiedensten Formen, von Sternen, über Tannenbäume, bis hin zu kleinen Herzchen und begann uns auszustechen. Das war so toll und es hatte sich so schön angefühlt, als er meinen Körper ausstach und ich als Stern geboren wurde! Dieses Gefühl, endlich eine eigene Form zu haben und kein Teig mehr sein zu müssen, mir nicht mehr die Masse mit anderen teilen zu müssen, sondern ich selbst sein zu können, das war so unfassbar toll! Dafür bin ich unserem Bäcker noch heute unendlich dankbar!

Dann legte er uns alle auf ein Blech und schob uns in den warmen Ofen. Nein, er war tatsächlich nicht zu heiß, sondern für uns gerade richtig! Tatsächlich kitzelte es sogar sehr, als mein Teig aufbackte und sich überall kleine Blubberbläschen bildeten!

Anschließend, ziemlich genau nach 10 Minuten, holte unser Bäcker uns wieder aus dem Ofen und ließ uns abkühlen. Danach wurden wir in kleine durchsichtige Tütchen abgepackt und jetzt sind wir auch schon am Ende der Geschichte angekommen.

Hier stehst du nun vor mir, starrst auf mich in meiner Tüte in der Ablage der Konditorei und überlegst dir wohl, ob ich gut schmecken würde. Ich wusste es ja, es käme schnell der Tag, an dem ich in einem Bauch enden würde. Aber das ist okay, denn dafür sind Kekse schließlich da. Aber eines sei sicher: Ich schmecke ausgezeichnet (solange du die Vanillekipferl nicht fragst - die lügen!).

 

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